Schulden machen – Umgang mit Technical Debt und Design Debt

Bei der Entwicklung von digitalen Produkten fallen oft technische Schulden und Design Schulden an. Diese Schulden bringen eine Reihe von Risiken mit sich, die nicht ignoriert werden dürfen. Entwicklungsteams müssen Schulden anerkennen und Pläne erarbeiten um diese zurück zu zahlen.

Zwischen den Stühlen

In meiner Rolle als Produktmanager organisiere ich die Zusammenarbeit aller am Entwicklungsprozess beteiligten um Mehrwert zu schaffen. Die Ressourcen sind immer geringer als die Menge der Anforderungen, statt „im Zentrum“ sitze ich dann oft „zwischen den Stühlen“ und muss entscheiden, wem ich mitteilen muss, dass wir seine Wünsche jetzt nicht umsetzen können. Oft handelt es sich bei diesen Wünschen aber um wichtige Anliegen. Diese werden dann auf später verschoben. In diesem Fall sprechen wir von Schulden.

Technical Debt: „Machen wir später“

Wenn die Zeit bis zur Deadline immer kürzer wird, dann fallen Maßnahmen zur Sicherung und Erhöhung technischer Qualität oft als erstes unter den Tisch. Dieses Vorgehen ist brandgefährlich, der Schaden kann enorm sein, wenn der Release termingerecht stattfindet, dafür aber erhebliche Fehler aufweist. Das ist die Möglichkeit eines direkten Schadens, der abgewogen werden muss. Eine andere Folge sind die Zinsen, die auf eine Schuld zu zahlen sind. Oft gestaltet sich „Die Testabdeckung machen wir später“ als viel komplizierter und zeitaufwändiger nach einer Livesetzung. Es soll schnell gehen, dauert dann aber viel länger.

Design Debt: „Brauchen wir nicht“

Wenn Schulden bei der Benutzeroberfläche auflaufen, besteht die Gefahr, dass Nutzer sich sofort einer Alternative zuwenden, die eine bessere Nutzererfahrung bietet. Oder sie gewöhnen sich an die Benutzung und sind nach einem Redesign unglücklich über die verbesserte, aber ungewohnte UI. Noch problematischer ist Design Debt, wenn auf UX-Research und Usability Testing, also auf die nutzerzentrierte Entwicklung verzichtet wird. Oft sind Kunden der Meinung, das bräuchten sie nicht und wenn überhaupt kann man die User Voices nach dem Launch einholen. Diese Form von Schulden führt regelmäßig zum Totalverlust der Investitionen.

Umgang mit Schulden

Schulden zu machen gehört zum normalen Alltag bei der Produktentwicklung. Sie müssen aber bewusst eingegangen werden. Als Produktmanager ist meine wichtigste Aufgabe auch in diesem Fall die Kommunikation. Ich muss allen Beteiligten klar machen, welche Schuld eingegangen wird und was die Folgen von Schulden sind: die Entwicklung dauert länger, die User Experience ist schlechter und die verpassten Chancen stapeln sich.

Als Produktmanager folge ich diesen Heuristiken:

  • Schulden nicht ignorieren sondern mit allen Beteiligten kommunizieren
  • Schulden dokumentieren, sie sind Teil des Backlogs und der Retrospektive
  • Bestehende Schulden werden beglichen, bevor neue aufgenommen werden
  • Die Reduktion von Schulden wird geplant und gemäß dem Plan durchgeführt
Müller & Wulff GmbH | Digitale Produkte und Individualsoftware aus Mecklenburg-Vorpommern